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Heute geht es um unsere oft viel zu kurz kommenden und unterschätzten Kaninchen.

Hauptsächlich schreibe ich heute über die Ernährung, sie ist ein wichtiges Thema, da hier die größten Unstimmigkeiten bestehen und die meisten Fehler (nebst Haltung, leider..) gemacht werden.

Dabei ist es doch so wichtig zur Gesunderhaltung unserer Hasileins 😉

Und es ist auch gar nicht so schwer… schließlich muss man sich nur die „wilden“ Verwandten und ihre Lebens- und Ernährungsweise ansehen.

Da dies ein so großes Thema ist, folgen die Fütterungsleitfaden für die anderen Heimtiere (Meerschweinchen, Ratten, Mäuse, Hamster, Degus und Chinchillas) in einem späteren Blog.

 

ein wenig Anatomie…

Der Verdauungstrakt beginnt im Maul und somit beginnen auch wir mit den Zähnen. Kaninchen haben Schneide (Incisivi)- und Backenzähne (Prämolare und Molare).

Da sie nicht zu den Nagetieren gehören haben sie hinter den Schneidezähnen zwei Stiftzähne. Sie bilden somit eine eigene Unterart und differenzieren sich hiermit von den Nagetieren.

Sie zählen zu den Hasenartigen, den Lagomorpha.

Die Zähne wachsen lebenslang nach und brauchen ständigen Abrieb.

Dies passiert jedoch nicht wie oft angenommen mit trockenem Brot, sondern mit Heu oder Gras!

Durch die Mahlbewegungen reiben sich die Backenzähne ab.

Um den Schneidezähnen zu helfen ist es hilfreich frische Zweige von Nuss- und Obstbäumen anzubieten.

 

Das Kaninchen hat einen sehr ähnlichen Verdauungstrakt wie das Pferd, dass heißt, es neigt zu Koliken.

Warum ist das so?

Der Magen des Kaninchens ist sehr klein und hat keine Muskelschicht in der Magenwand, die Nahrung wird nicht wie bei Hund und Katze aktiv durch den Magen weiterbewegt, sondern lediglich „weitergeschoben“.

Deshalb frißt ein Kaninchen innerhalb 24 Std ca. 50 bis 80 mal.

Durch den ständigen Nachschub im Magen wird der Futterbrei weiter in den Darm transportiert.

Fällt die Nahrungsaufnahme über einen längeren Zeitraum aus, gibt es Verdauungsstörungen.

Das zweite Problem: Was einmal drin ist muss hinten wieder raus!

Kaninchen können nicht erbrechen da kein Muskeltonus aufgebaut werden kann.

Wird also zuviel gefressen (wie z.B. Trockenfutter das im Darm aufquillt) kann es zu einer Magenüberladung kommen die zum Tod führen kann.

Wenn das Futter zu lange im Magen liegt weil keine Nahrung nachkommt kann es zu Aufgasungen kommen die im schlimmsten Fall auch zum Tod durch Kreislaufkollaps führen. Hierbei drückt der aufgegaste Magen auf das Zwerchfell und die Herzfrequenz erhöhtsich, was schließlich zum Kollaps und Kreislaufversagen führt.

Auch im Fellwechsel ist Vorsicht angesagt da die beim putzen aufgenommenen Fellbüschel den Magenausgang und Darm verstopfen können, was sehr schnell zum Tod führen kann.

Hier hilft es vorbeugend, dem anfälligen Kaninchen bei seinem Fellwechsel zu helfen und zu bürsten.

Auch Darmparasiten wie Würmer kommen häufig beim Kaninchen vor und können für Verdauungsstörungen sorgen.

Eine regelmäßige vorsorgliche Kotuntersuchung ist hier hilfreich.

Und natürlich eine gute Fütterung, denn ist der Darm gesund und im Gleichgewicht sind auch die Kaninchen nicht so anfällig.

Kaninchen sind reine Herbivore (Pflanzenfresser) und benötigen Zellulose aus Pflanzen um sich ernähren zu können.

Die Zellulose wird im Blinddarm gegärt und so mit Hilfe von Bakterien zu Glucose umgewandelt.

 

Fütterung:

Gutes Heu sollte immer und jederzeit zur Verfügung stehen (ad libitum), wie auch Wasser.

Damit ist gewährleistet dass das Kaninchen jederzeit etwas fressen kann und die Verdauung voran geht.

Oft wird gesagt: „mein Kaninchen mag aber kein Heu“

Dann stimmt mit der Ernährung etwas nicht, meistens wird Trockenfutter angeboten und das Tier frißt sich daran satt.

Das ist vergleichbar mit Süßigkeiten bei uns. Wenn wir uns damit vollstopfen haben wir auch keinen Hunger mehr auf was vernünftiges 😉

Aus diesem Grund sollte morgens immer zuerst frisches Heu angeboten werden.

Die zweite Säule besteht aus Grünfutter.

Als Faustregel kann man sagen, je wasserhaltiger das Grünzeug ist, desto besser.

Kaninchen haben (siehe Blog davor) leider die blöde Eigenschaft Calcium zu speichern, in Nieren und Blase, und dass führt oft zu Problemen.

Also ist es wichtig das viel Flüssigkeit zugeführt wird, und das geschieht über Gemüse (viele Kaninchen nehmen wenig Wasser auf)

Gut anzubieten sind folgende Gemüsesorten:

-Gurke

-Salat (Eisberg, Feld, Salatherzen, Endivien, Römer, Eichblatt, Kopfsalat nur in geringen Maßen wegen der Nitrat-Belastung)

-Chicorèe

-Rucola

-Fenchel

-Sellerie

-Zucchini

Da Kaninchen bevorzugt Bitteres und Salziges essen, ist Rucola und Chicorèe geradezu ein Festessen 😉

Tomaten, Paprika, Möhren und Äpfel können auch gefüttert werden, wegen des Zuckergehaltes aber nicht allzu häufig.

Jetzt kommen die Calciumhaltigen Futtermittel, sie können gefüttert werden, aber am besten nicht öfter als maximal einmal die Woche.

Bei Kaninchen die schon Blasenprobleme haben/hatten sollten sie ganz weggelassen oder sehr selten gegeben werden!

-Löwenzahn

-Möhrengrün

-Kohlrabiblätter

-allerlei Kräuter wie Petersilie, Dill, Basilikum…

-Brokkoli

-Klee

 

Es gibt neben Löwenzahn auch viele andere Pflanzen die man draußen pflücken und verfüttern kann, wie z.B. Spitz – und Breitwegerich, Giersch, Brennnesseln, Gänsefingerkraut, Schafgarbe, Gänseblümchen etc, auch sie sollten nicht zu häufig gefüttert werden da sie auch eine therapeutische Wirkung haben und man sie gut bei speziellen Erkrankungen einsetzen kann.

Wichtig hierbei auch: Der Ort wo die Pflanzen wachsen und der Impfstatus des Tieres!

Kein ungeimpftes Kaninchen sollte mit Pflanzen von draußen gefüttert werden wegen der Ansteckungsgefahr.

Wildkaninchen (nebst Mücken und Fliegen die Kontakt zu einem erkrankten Tier hatten) können bei Erkrankung Myxomatose und RHD (Rabbit Haemorrhagic Disease, oder auch Chinaseuche, nebenbei, beides zur „Schadnagerbeseitigung“ vom Menschen in die Welt gesetzte Viren) auf Hauskaninchen übertragen. Da beide Erkrankungen hoch ansteckend sind kann die Übertragung sogar durch Futter erfolgen. Beide Erkrankungen sind tödlich und sollten regelmäßig geimpft werden.

 

Nun geht`s ans Trockenfutter…

Es gibt pelletiertes Futter und Mischungen die meistens gepufften und normalen Mais enthalten, Johannisbrot, Erbsenflocken, Kräuter, Getreide (Gerste, Hafer, Weizen sowie Kleie von Getreide), Soja, Melasse, Luzerne (eine stark calciumhaltige Klee-Art) usw.,oftmals mit Farb- und Lockstoffen angereichert werden unsere Kaninchen davon geradezu süchtig.

Neben zuviel Eiweiß und Zucker enthalten sie vor allem Stärke. Damit ist der Darm überlastet und die Darmflora leidet auf Dauer darunter.

Es ist ein Sattmacher, gesunde Kost wird danach verschmäht, und ein Dickmacher.

Viele Kaninchen werden sogar aggressiv davon.

Auch Scheinschwangerschaften werden begünstigt.

Oft höre ich von Kaninchenbesitzern das Gemüse nicht vertragen wird, und deswegen vorrangig Trockenfutter angeboten wird. „Davon bekommt er aber Durchfall“

Ja, weil sein Darm im Keller ist durch die schlechte Ernährung.

In solchen Fällen sollte unbedingt umgestellt werden, natürlich stufenweise.

Trockenfutter braucht kein Kaninchen, außer es soll gemästet werden (aber da kann das Trockenfutter nicht viel anrichten, da das durchschnittliche Schlachtkaninchen ja eh nur 6-8 Monate lebt).

Bei trächtigen Tieren oder Tieren in der Rekonvaleszenz kann darüber gesprochen werden. Aber auch hier ist es wichtig das richtige Futter mit sinnvoller Zusammensetzung zu geben, und nicht die quietschbunten Mischungen.

Für alle anderen, tabu!

Kaninchen sind keine Getreidefresser, Wildkaninchen würden nur in der allergrößten Not auf ein Weizenfeld gehen, sie bevorzugen Wildkräuter, Brombeersträucher, Gras etc.

 

Eine weitere Besonderheit ist die Koprophagie.

Kaninchen scheiden täglich sogenannten Blinddarmkot aus. Er ist sehr dunkel bis grünlich gefärbt und weich. Charakteristisch sind es ganz viele kleine Kotkügelchen die aneinander kleben und stark riechen.

Dieser Kot wird direkt vom After aufgenommen und ist wichtig für eine gesunde Verdauung. Er beinhaltet viele essentielle B-Vitamine und wichtige Darmbakterien.

(Hieran muss auch gedacht werden wenn Kaninchen über einen längeren Zeitraum durch Krankheit nicht selbstständig Nahrung aufnehmen!)

 

Wenn weicher Kot am After hängen bleibt ist es kein „vergessener Blinddarmkot“ sondern das Anzeichen eines Darmproblems.

Gerade im Sommer ist dies ein großes Problem da durch den Kotgeruch Fliegen angezogen werden die hier ihre Eier hinterlassen.

Durch Fliegenmaden sterben alljährlich viele Kaninchen einen grausigen Tod.

Sie werden bei lebendigem Leib von den Maden zerfressen.

Hier hilft es den After täglich zu kontrollieren während eines Durchfallproblems, und natürlich, die Ursache des Durchfalls zu bekämpfen.

Zu den Ursachen zählen:

-Ungleichgewicht der Darmflora aufgrund falscher Ernährung

-Parasitenbefall wie Würmer, Kokzidien oder Flagellaten

-Fettleibigkeit (denn viele Kaninchen sind einfach zu fett um sich putzen zu können!)

-Nieren- und Blasenprobleme

-Zahnprobleme

 

Bei weiblichen Kaninchen ist zu beachten das eine der häufigsten Todesursachen Gebärmutterveränderungen wie Tumore und Entzündungen

sind. Auch Tumore des Gesäuges kommen häufig vor.

Gründe hierbei sind zum einen die Hormone, aber auch die Ernährung.

Tumorzellen ernähren sich von Stärke und Zucker, nur so am Rande.

Das Hormonsystem des Kaninchens ist auf Vermehrung eingestellt, und es gibt keine regelmäßige Brunst, der Eisprung erfolgt 12 std. nach Deckung.

Da der Organismus des weiblichen Kaninchens Nachwuchs zeugen will, führt das auf Dauer zu hormonellen Problemen.

Es ist anzuraten eine Kastration auch beim weiblichen Kaninchen durchzuführen. Man nimmt ihnen den Stress (dem männlichen kastrierten Partnertier auch) und das Tumorrisiko.

Gebärmuttertumore streuen häufig wie auf diesem Röntgenbild zu sehen ist,

dieses Kaninchen hatte einen großen Gesäugetumor und riesige Metastasen in der Lunge. (Zur Erläuterung, die Lunge sollte bis auf die Rippen und das Herz komplett schwarz sein, wie auch die Umgebung um das Kaninchen.

Hier sieht man wolkige Strukturen, die Lunge ist komplett mit Tumoren gefüllt.

 

Zu guter Letzt kehren wir an den Anfang zurück, mit den Zähnen.

Sie sind das häufigste Problem bei unseren Kaninchen, und leider haben wir hier fast keinen Einfluß drauf.

Es geht um Zahnfehlstellungen. Normalerweise stehen sich die Vorder- und Backenzähne parallel unten und oben gegenüber und reiben sich so gegenseitig mit Mahlbewegungen ab. Sind die Zähne aber schief angeordnet, meist durch Vererbung, haben sie keinen Gegenpart und wachsen ungestört in die Länge.

So passiert es häufig dass Kaninchen bei vollem Futternapf verhungern.

Die unteren Vorderzähne wachsen dabei bis in die Nase ein und die oberen bis ins untere Zahnfleisch.

Die Backenzähne bilden Spitzen und schlitzen die Zunge oder Backen auf.

Es kann auch zur „Brückenbildung“ kommen, hierbei wachsen die unteren Backenzähne aufeinander zu, da die gesamte Zahnreihe gekippt ist und die Zunge nicht mehr frei bewegt werden kann.

Hier hilft nur regelmäßige Zahnkontrolle und bei Tieren mit Zahnfehlstellung die regelmäßige Zahnkorrektur (alle zwei bis sechs Wochen!) da die Zähne pro Woche bis zu 2mm wachsen.

Es gibt leider auch das sogenannte retrograde Zahnwachstum.

Dabei wächst die Zahnsubstanz nach unten, in den Kiefer rein.

Das ist besonders problematisch da es nicht korrigiert werden kann und starke Schmerzen verursacht.

Abszesse bilden sich, bemerkbar durch Schwellungen im Kopfbereich.

Symptome bei retrogradem Zahnwachstum können sein:

Fressunlust, chronischer Kaninchenschnupfen, tränende Augen, Abmagerung, Mundgeruch, deutlicher Speichelfluss…

 

Auch hier hilft vorbeugend nur (falls das Kaninchen nicht von klein auf, durch Vererbung, eine Zahnfehlstellung hat) eine rohfaserreiche (Heu) und Getreidearme Ernährung (kein Trockenfutter!)

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