Solensia und Librela, die neuen Sterne am Pharmahimmel (!?)

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Solensia und Librela, die neuen Sterne am Pharmahimmel (!?)

es klingt einfach zu schön um wahr zu sein… eine Spritze, vier Wochen Schmerzfreiheit bei arthrosebedingten Schmerzen, und das gänzlich ohne Nebenwirkungen, bei einem schulmedizinischen Produkt??

Ich konnte es erst nicht glauben, und habe mich mittels ersten Erfahrungen und viel Recherche damit beschäftigt.

Doch vorab zur Erklärung, die neuen Medikamente heißen Librela (für den Hund), was seit Februar 2021 beim Tierarzt erhältlich ist, und Solensia (für die Katze), was vorangekündigt ab Mitte Mai, dann aber aus Lagergründen doch erst ab Mitte Juli 2021 erhältlich sein wird.

Beide beinhalten als Wirkstoff monoklonale Antikörper.

chronische Schmerzen

Arthrosen und dessen Schmerz kennen die meisten, und unsere Tiere bleiben davon auch nicht verschont.

Bei Ihnen ist es nur meist schwerer zu erkennen, da Tiere Meister darin sind, ihre chronischen Schmerzen zu kaschieren.

Lautäußerungen geben Tiere nur bei plötzlichem Schmerz von sich, chronischer Schmerz bleibt oft unentdeckt.

Er zeigt sich durch langsamere Bewegungen, bedachtere Bewegungen, teilweise aber auch nur durch belecken eines schmerzenden Körperteils, oder auslassen von Sprüngen, die früher kein Problem waren.

Arthrosen entstehen teilweise aufgrund genetischer Präpositionen, werden aber auch durch die (falsche) Ernährung gefördert, sie können sich durch angeborene, oder durch erworbene Missbildungen bei Unfällen oder Verletzungen bilden, und auch bei Überanspruchung oder zu wenig Beanspruchung eines Gelenks.

Was passiert bei einer Arthrose?

Gelenke sind von einer Gelenkkapsel mit Gelenkflüssigkeit umgeben, und die Knochenenden die in der Kapsel aufeinander treffen jeweils mit einer Knorpelschicht, die aufeinander reibt und sich abpuffert.

Nun passiert es im Alter, oder wie oben angeführt aus anderen Gründen, dass der Knorpel sich abbaut. Am Ende reibt Knochen auf Knochen. Der Körper will das wiederum abpuffern, und baut dort Knochengerüste, die es aber leider verschlimmern. Hier entstehen nun sogenannte Entzündungsmediatoren, die den regenerativen Prozess weiter voran treiben, und Entzündungen auslösen, was wiederum zu schlimmen Schmerzen führt.

Schmerzentstehung und die Rolle des Nerve Growth Factor

Über die Reizweiterleitung im Nervensystem wird dem Hirn mitgeteilt SCHMERZ!

Und so dachten sich kluge Köpfe, warum können wir nicht schon hier, in den Nervenzellen, die Schmerzübertragung ausschalten, sodass quasi unterwegs das Signal schon gestoppt wird, und der Schmerz gar nicht erst “ankommt“?

Wir haben es bei der Schmerzentstehung mit zwei großen Schmerzvermittlern zu tun, den Prostaglandinen, und dem Nerve Growth Factor, kurz NGF.

Medikamente die unter anderem die Bildung von Prostaglandinen stoppen, gibt es schon lange, das sind die gängigen bekannten Schmerzmittel.

Doch nun wird der Fokus auf den NGF gelegt.

Dieser hat, unter anderem, folgende Funktion.

Er setzt sich an die Schmerzrezeptoren des peripheren Nervensystems. Hier bildet sich ein NGF-Schmerzrezeptor-Komplex in der Nervenzelle, und verändert dort die Funktion. Die Schmerzempfindlichkeit steigt an, und noch mehr NGF wird gebildet. So summiert sich der Schmerz letztendlich selbst hoch.

Und genau hier setzen die monoklonalen Antikörper an. Sie blockieren den NERVE GROWTH FACTOR , und machen ihn damit unschädlich. So entstehen keine Schmerz-Komplexe, die wiederum an der weiteren Schmerzausschüttung beteiligt sind.

Grundsätzlich eine ganz feine Sache, und ein vermeintlich perfekter Ansatz.

Was sind monoklonale Antikörper?

Ohne es jetzt fachlich zu sehr ausschweifen zu lassen, versuche ich es mit einfachen Worten zu erklären.

Es sind Antikörper (Zellen die sich gegen etwas bestimmtes richten), die aus einem bestimmten weißen Blutkörperchen, dem B-Lymphozyt, gewonnen werden. Sie stammen immer aus derselben Zellinie, also kleine Klone, und immer reproduzierbar, also immer gleich. Es sind quasi spezialisierte Antikörper, die sich immer nur gegen eine bestimmte Sache richten.

Beim Menschen werden sie schon lange eingesetzt, und auch bei diagnostischen Tests. Ihr Wirkstoffname endet immer auf -mab, sie zählen zu den Biologika, da sie ursprünglich eine natürliche Waffe des Körpers sind.

In der Tiermedizin kennt man sie bisher unter dem Medikament Cytopoint, ein Injektionsmittel für Hunde, was die Juckreizkaskade ausser Kraft setzt.

Ein Segen für schlimme Allergiker, ein Fluch für den Körper, da hier nicht weiter die Ursachenentstehung behandelt wird, sondern nur das Symptom unterdrückt wird.

Monoklonale Antikörper werden uns sicherlich in der Tiermedizin in Zukunft öfters begegnen.

Wolken ziehen auf….

monoklonale Antikörper haben ein tierarztspezifisches Design, und neutralisieren NGF nur bei den jeweiligen Tierarten, für die sie jeweils entwickelt wurden.

Zitat der Firma PFIZER/Zoetis

Das Librela liegt 100% dem caninen Eiweiß zugrunde, das Solensia allerdings nicht dem felinen.

Die monoklonalen Antikörper für Katzen wurden „felinisiert“, also für Katzen tauglich gemacht, beide Wirkstoffe (für den Hund = Bedinvetmab, für die Katze = Frunevetmab) werden durch gentechnische Verfahren aus chinesichen Hamster-Eierstockszellen gewonnen.

Das Verabreichungsschema lautet:

1. Injektion → nach 3-4 Wochen 2. Injektion → nach diesen 2 Dosen ist das sogenannte „steady state“ erreicht, indem die Schmerzfreiheit individuell anhält.

Der Zeitpunkt der erneuten Injektion wird also nach der Symptomatik gerichtet.

Es wird darauf hingewiesen, dass die 2. Injektion unbedingt erfolgen sollte, auch wenn nach der ersten Dosis kein Unterschied zu bemerken ist, da oftmals erst nach der 2. Verabreichung die Schmerzfreiheit eintritt.

Doch zurück zu der Nebenwirkungsfreiheit, ist es wirklich so?

Es gibt Katzen, die es nicht bekommen sollen. Nierenerkrankte Katzen im fortgeschrittenem Stadium, und auch Katzen die unter 2,5 kg liegen.

Hier würden keine Erfahrungen vorliegen, und man müsste, auch bei anderen chronischen Erkrankungen wie Diabetes mellitus etc., eine Nutzen-Risiko-Abwägung machen.

Eine Nutzen-Risiko-Abwägung aufgrund fehlender Erfahrungswerte? Bei einem Medikament was rein biologisch ist, und nebenwirkungsfrei beworben wird?

Das gibt mir zu denken.

An sich wird kein Medikament in Studien, bzw. schon länger vorher in der Entwicklung, nicht auch an leichteren, oder kranken Tieren getestet. Gerade bei Katzen kommen Nierenerkrankungen dermaßen häufig vor, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass dies nicht getestet wurde.

Denn schließlich sind die meisten Arthrose-Patienten ja ältere, vorerkrankte, und auch altersbedingt leichte Persönchen.

Es heißt, es gäbe keine Erfahrungswerte. Ich bin da ja immer schnell skeptisch. Gibt es wirklich keine, oder möchte man die lieber nicht veröffentlichen? Schließlich sind Studien ja in der Regel selbstfinanziert 😉

Außerdem sollte es bei Tieren unter 12 Monaten, und Zuchttieren nicht eingesetzt werden, da hier der NGF nicht blockiert werden darf, sonst droht eine irreperable Schädigung des Nervensystems.

Auch Tierhalterinnen, die schwanger sind, es werden wollen, oder stillen, sollten keinen Kontakt mit dem Medikament haben (für den unwahrscheinlichen Fall dass das Medikament aus Versehen selbt injiziert wird), da es Reproduktions – und Entwicklungstoxisch ist, was bei Versuchen an Affen festgestellt wurde 🙁

Daraus schließt sich, dass auch trächtige oder säugende Katzen dieses Mittel nicht bekommen sollten.

Wechselwirkungen

Nun zur Wechselwirkung mit anderen Medikamenten, speziell anderen Schmerzmitteln, NSAID`s genannt (nicht-steroidale Antiphlogistika). Hierzu zählen die gängigen Schmerzmittel, wie Rimadyl, Metacam, Onsior, Previcox etc…

Im Humanbereich hat man bereits Erfahrungen hierzu sammeln können, leider zeigte sich, dass bei gleichzeitiger Gabe (vor allem aber Langzeitgaben >90 Tage) von NGF-blockierenden, monoklonalen Antikörpern und einem NSAID, sich Arthrosen noch schneller bildeten…. für Hund und Katz gibt es da noch keine Erfahrungswerte.

Zu Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten fehlen Studien, und es kann keine Aussage getroffen werden.

Die zweite Sache die mir Kopfschmerzen bereitet: Das Ausschalten des Nerve growth factor.

Die liebe Natur hat sich bei allen Dingen die in uns, wie auch um uns herum entstehen, etwas gedacht. Es ist ein fantastisch ausgeklügeltes System, was einen mit Ehrfurcht erfüllt, wenn man sich näher damit beschäftigt.

Der Nerve growth factor hat ja nicht als alleinige Aufgabe, Schmerzen zu aktivieren, dies ist nur eine kleine Aufgabe im großen Ganzen.

Die gesamten Aufgaben und Einflüsse des NGF können bis heute nicht 100% benannt werden. Man weiß aber u.a., dass er einen stabilisierenden Einfluss auf synaptische Verbindungen (die Schaltstelle zwischen den Nervenfasern) hat. Und entfernt man den NGF, kommt es zum vermehrten Zelltod.

Übrigens wird dieses Medikament als Protein abgebaut, was auch über die Entgiftungsorgane wie Leber und Niere geschieht, da aber keine größeren Auswirkungen als andere Proteine hat.

Fazit

Ich denke also, das Mittel kann für viele Hunde und Katzen ein Glücksgriff sein, und sehr dazu beitragen die Schmerzfreiheit und damit die Lebensqualität zu erhöhen. Gleichzeitig sollte man sich aber nicht blenden lassen von den „nicht vorhandenen Nebenwirkungen“ dieses biologischen Medikamentes.

Denn das bleibt es, ein Medikament mit Gegenanzeigen und Nebenwirkungen, die uns allerdings, wie bei vielen neuartigen Medikamenten, noch nicht alle bekannt sind.

Eigene Erfahrungen (Librela)

Bisher ist nur das Mittel für Hunde, das Librela, auf dem Markt.

8 Hunde durfte ich während der Anwendung begleiten, darunter ist auch meine Hündin (alle bekamen bereits 2 Injektionen, und alle werden auch mit anderen, pflanzlichen Mitteln gegen Arthroseschmerz versorgt).

Bei einem von den 8 Hunden wirkte das Librela vom ersten Tag an sehr gut, und die Lebensqualität ist gestiegen. Wir werden sehen wie lange jetzt der Zeitraum bis zur nächsten Dosis ist.

Bei drei Hunden war nach der ersten Injektion eine Verbesserung zu bemerken, der Erfolg ließ aber nach, auch die 2. Dosis änderte daran nichts. Dennoch kann so auf die gängigen Schmerzmittel weitestgehend verzichtet werden, und sie werden nur an schlimmen Tagen eingesetzt.

Bei einer Patienten-Hündin war es nach der ersten Injektion ein Unterschied wie Tag und Nacht, die Bewegungsfreude war wieder gestiegen, und es war schön mit anzusehen, wie agil die Dame auf ihre alten Tage auf einmal wurde!

Nach genau 3 Wochen war die Wirkung schlagartig weg, die 2. Injektion erfolgte, es wurde etwas besser, knüpfte aber nicht mehr an den vorangegangenen Erfolg an.

Hier müssen jetzt wieder gängige Schmerzmittel eingesetzt werden. Komischerweise hat diese Hündin nun eine starke Bauchspeicheldrüsenentzündnung entwickelt, vorher war sie kerngesund, bis auf den Arthroseschmerz. Ein Zufall? Das kann bisher niemand beantworten.

Bei drei Patienten-Hunden war leider keinerlei Wirkung zu bemerken. Da die bisher verabreichten Schmerzhemmer schleichend abgesetzt wurden, war sogar eine Verschlechterung zu merken, auch nach der folgenden Injektion.

Bei meiner Hündin habe ich lediglich eine Muskelentspannung bemerkt, sie hat generell keine großen Arthrosen, und auch kein Schmerzmittel (bis auf homöopathische und phytotherapeutische) bekommen, aber ist generell immer sehr verspannt (verstörter Tierschutz-Angsthund). Das wurde eine Zeitlang nach der ersten Injektion besser, hielt aber leider nach der zweiten Dosis nicht an.

Solensia

Das Solensia sollte voraussichtlich im Mai 2021 auf den Markt kommen, aus logistischen Gründen wurde der Termin aber jetzt auf Mitte Juli 2021 verschoben.

Ich bin sehr gespannt wie es bei den Katzen ankommt, und hoffe auf`s Beste!

Wichtig bei Gelenkserkrankungen bleiben aber nach wie vor entsprechende begleitende Maßnahmen, denn die Ursache kann leider nicht mehr behoben werden, hier steht die Symptombehandlung im Vordergrund.

Und da geht einiges, um Arthroseschmerz, und die damit verbundenen Muskel- Schmerzen und Anspannungen zu entschärfen. Sei es durch Physiotherapie, Akupunktur, phytotherapeutischen, isopathischen und /oder homöopathischen Mitteln, und besonders auch durch Gelenknutritiva (Gelenkernährung).

Scottish Fold

Ein kleiner Absatz zur Scottish Fold-Katze…

Hier warten einige Halter der „Faltohrkatzen“ sehnlichst auf das Solensia. Ob die Vorfreude erfüllt wird, oder nicht, wird sich bald herausstellen.

In den Studien wurde leider nicht darauf eingegangen, und es gibt keine Erfahrungswerte.

Zur Erklärung, die Scottish Fold-Katze hat einen genetischen Knorpeldefekt, der äußerlich dazu führt dass die Ohren abgeknickt sind. Allerdings bezieht sich dieser Gendefekt auch auf alle anderen Orte, wo Knorpel anzutreffen ist.

Es schimpft sich Osteochondrodysplasie, und verursacht Knochen-, Knorpel- und Gelenksdeformationen.

Meistens beginnen schon im frühen Alter die Probleme, auch bei Katzen die offensichtlich keine deformierten Gelenke haben. Diese Tiere haben das Pech, bereits im jungen Alter, und ihr Leben lang, nur mit Schmerzmitteln relativ schmerzfrei leben zu können.

Für sie ist das Solensia vielleicht die Hoffnung schlechthin, zu wünschen wäre es ihnen!

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